Die Spitzen von Union und SPD haben sich auf zentrale Reformen im Bereich der Sozialpolitik und Infrastruktur verständigt. Wie Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) bekanntgab, soll das Bürgergeld grundlegend umgestaltet und künftig als Grundsicherung für Arbeitssuchende ausgestaltet werden. CSU-Chef Markus Söder erklärte in diesem Zusammenhang: „Das Bürgergeld ist jetzt Geschichte.“
Bundesarbeitsministerin und SPD-Co-Vorsitzende Bärbel Bas nannte die wichtigsten Neuerungen. So wird künftig bei versäumten Terminen im Jobcenter stufenweise sanktioniert: Wer einen ersten Termin verpasst, wird erneut eingeladen; bleibt auch der zweite Termin ungenutzt, erfolgt eine Kürzung der Leistungen um 30 Prozent. Beim dritten Versäumnis werden die Geldleistungen vollständig eingestellt. Erfolgt auch im darauffolgenden Monat keine Reaktion, werden sämtliche Leistungen – inklusive der Kosten für Miete und Heizung – gestrichen. Zudem sollen Leistungen künftig auch dann gestrichen werden, wenn zumutbare Arbeit verweigert wird. Härtefälle, etwa bei gesundheitlichen Einschränkungen, sollen dabei berücksichtigt werden.
Eine weitere Änderung betrifft die Vermögensprüfung: Die bisherige Karenzzeit entfällt, stattdessen wird das Schonvermögen an Faktoren wie Alter und Dauer der Beitragszahlungen zur Arbeitslosenversicherung gekoppelt. Auch bei den Wohnkosten entfällt die Schonfrist für überhöhte Mietausgaben.
Zudem einigten sich Union und SPD auf die Einführung der sogenannten Aktivrente, mit der ältere Menschen motiviert werden sollen, über das reguläre Rentenalter hinaus berufstätig zu bleiben. Zusätzliche Einkünfte aus der Aktivrente sollen steuerfrei sein und nicht dem Progressionsvorbehalt unterliegen. Die Aktivrente soll zum 1. Januar 2026 in Kraft treten.
Auch beim Thema Infrastrukturinvestitionen wurde eine Einigung erzielt: Drei Milliarden Euro zusätzlich sollen für den Ausbau von Straße und Schiene bereitgestellt werden. Diese Mittel stammen aus Umschichtungen im Sondervermögen zur Modernisierung der Infrastruktur – zugunsten der Verkehrsinfrastruktur und zulasten der Mikroelektronik. Laut SPD-Chef und Bundesfinanzminister Lars Klingbeil können künftig alle baureifen Verkehrsprojekte umgesetzt werden.
Hingegen blieb das sogenannte Verbrenner-Aus ab 2035 ein Streitpunkt. Eine Einigung zwischen Union und SPD blieb aus. Die Bundesregierung will nun ohne klare Position in Gespräche mit der Autobranche gehen und auf Entscheidungen der EU-Kommission warten, die bis Ende des Jahres prüfen will, ob die Regelung – ab 2035 nur noch emissionsfreie Neuwagen zuzulassen – bestehen bleibt.
Die geplanten Sanktionen im Rahmen der Bürgergeld-Reform seien verfassungsgemäß, betonte Bärbel Bas. Sie verwies auf gesetzliche Grundlagen im Sozialgesetzbuch, wonach Leistungsbezieher zur Mitwirkung verpflichtet seien. Die Reform bewege sich innerhalb des verfassungsrechtlich zulässigen Rahmens. Ziel sei es, mehr Bürgergeldempfänger in Arbeit zu bringen, nicht allein durch Sanktionen zu sparen. Bas verwies auf eine Faustformel: 100.000 zusätzliche Beschäftigte würden eine Milliarde Euro beim Bürgergeld einsparen. Grundsätzlich solle wieder der Vorrang der Arbeitsvermittlung vor Qualifizierungsmaßnahmen gelten.
Quelle: Zeit.de
